Ein Bericht übers Erfahrungensammeln mit dem SK!PA, dem Trainer und dem Coach.
"Wenn die Verhältnisse es zulassen starten wir gleich nach dem einchecken in die erste Nachtansteuerung..." meinte der SK!PA beim online Meeting zwei Tage vor dem Ablegen. "Oha", dachte ich mir, "gleich ein anderes Niveau hier, ob das am Yachtmaster liegt... hab ja schon viel gehört darüber."
Gleich vorweg, meine Sorgen und Befürchtungen waren unbegründet. "Safety always first" ist hier kein Marketing statement, sondern wohl ein echtes Bedürfnis um, mit der Crew, eine geniale Woche zu verbringen. So haben wir auch die ersten Stunden an Bord damit verbracht, uns ordentlich mit dem Schiff und dem SK!PA vertraut zu machen. Selten hab ich bei so einem ernsten Thema wie dem "Sicherheits-Gespräch" so viel Spaß gehabt. Überhaupt war hier schon einiges anders als ich es bis dahin gewohnt war. Ich wohnte bei den Törns zuvor stets "Unterweisungen" bei - welch garstig Wort. Hier bei diesem Törn wird sich von Beginn an auf Augenhöhe begegnet - sehr cool. "Da Schmäh rennt", und unsere internationale Crew wächst schnell zusammen.
Mangels Wind geht es unter Motor Richtung Süden. Gegen 1600 beginnen wir mit der Navigation. Da wir aus dem online Meeting gut vorbereitet sind, geht alles kurz und ohne großes Tamm Tamm vor sich, dann kommt das zu tragen was hier #COWORKATION (CO gemeinsam, WORK an etwas Arbeiten, mit vaCATION Urlaubsanteilen) genannt wird. Soll heißen, es ist auch Urlaub neben allem Trainieren und Üben. Die See ist ruhig, die Maschine auch, und die Sonne geht unter - wir essen.
Und schon fühlt es sich an, als wäre ich schon ein paar Tage unterwegs - ein köstlicher Genuss.
THE COIN IS DROPPING
ETA +/- 2200 / Ankunft in Illovik, mit Anlegen an der Boje oder an er Kaimauer. Bin gespannt, denn es ist dunkel geworden. Wir checken die ersten Peilungen, und bringen die theoretischen Kenntnisse in eine praktische Kompetenz. Es entsteht ein spezifisches Geräusch - nämlich das "wenn der Groschen fällt" (SK!PAhumor)! Das Geräusch kommt schon recht häufig vor, und wir haben wieder zu lachen. Was man für einen Blödsinn reden kann wenn der Tag lang ist, und was man alles mit Humor nehmen kann. Das unser #Yachtmaster ein erfahrener #Coach ist, merke ich sehr schnell. Er lässt nicht zu, dass ich immer wieder ein: "Ich Depp" zu mir sage. Ist mir gar nicht aufgefallen, hat aber Wirkung, da hab ich wohl was zu tun in den nächsten Tagen. Wir sprechen auch über unsere Fehlerkultur an Bord. "Wenn Du etwas machst was nicht passend ist, weil Du es nicht besser weisst, ist es kein Fehler. Ein Fehler nennen wir es erst dann, wenn Du etwas wider besseren Wissens falsch gemacht hast." Auf den nächsten 300 nm gibt es sicher noch einige Gelegenheiten das zu leben.
Wir sind ziemlich nahe dran, an unserer geplanten ETA, als wir Illovik ansteuern.
AHA Erlebnis: Sowohl auf den papercharts als auch auf #NAVIONICS ist zur Ansteuerung ein Sektorenlicht angezeigt. Die Realität: eine PHM - Port Hand Mark, ein rotes Lateralzeichen ohne gelbes Sektorenlicht. "YOU NEVER KNOW" da ist der Satz, den wir am Nachmittag in der Marina das erste Mal gehört haben, in live action.
Wir werden das morgen genauer besprechen, wie auch das Erlebnis mit dem Schiff, das aus dem Hafenbereich gekommen ist, und dem ewigen Thema der Vorfahrtsegeln, die es so eigentlich nicht gibt, soviel haben wir schon gehört...
Viel los für den ersten Tag, 40 nm und eine Nachtansteuerung, wir hängen an er Boje - müde ich bin, gut und tief schlafen ich werde :-)
25kn Bora
Ich dachte bis jetzt immer die Bora sei der schreckliche Wind vor dem sich alle fürchten. Jetzt wo wir das genussvolle Grinsen des Skippers sehen, stellt sich ein neues Wissen ein, und am Ende des heutige Tages werde ich voll mit Endorphinen, und schwerstens beeindruckt von mir selbst und den gemachten Erfahrungen sein. Das wusste ich um 0730 noch nicht, was ich jedoch spürte - es war entschieden zu früh für mich - Seglerleben.
Bereits während des Frühstücks lernte ich, wie es richtig um den "Spaßfaktor" Bora steht, und wann dieser Spaßfaktor zu Ende ist. Unsere Fähigkeiten rund um das Reffen beschränkten sich auf die schweizer KollegInnen - "das gibt einen Lerntag der Sonderklasse", dachte ich beim zweiten Kaffee. So kam es dann auch.
Beim Segelsetzen gleich ins zweite Reff, aha so geht das - nicht schwer wenn man es weiß! Top start! Ich lerne erstmal das Schiff zu beherrschen und in den Wellen nicht Feinde zu erkennen, sondern einfach als das was sie sind: Eine Folge des Windes, und Wind ist das was wir brauchen und wollen. Ergo sind Wellen etwas Gutes. Schon wieder das #mindset Ding. Was soll ich sagen - it works. Meine Steuerbewegungen werden immer kleiner und effizienter. Die Navigatorin hat einiges zu tun, und hat, ob der Krängung die wir haben, eine ordentliche challenge aufgerissen. Beim Frühstück hat sie eine Vorbereitungsphase noch abgelehnt: "Das mach ich dann on the way!" Unser Trainer besteht nicht immer darauf die Dinge sofort umzusetzen, wenn er sie anweist. Er lässt uns eine Menge Erfahrungen machen, diese wirken nachhaltig: "Das passiert mir nie wieder, gescheiter zu sein als ein wesentlich erfahrener Seebär. Vorbereitung ist mehr als die halbe Miete und vermindert meinen Stress." Wir einigen uns noch während des vormittags uns heute Abend noch Zeit zu nehmen, für den sogenannten Passage Plan des nächsten Tages.
MOB - gerade als wir so halbwegs Oberwasser hatten, landete "Henry" der auserwählte Fender im Wasser. Bei soviel Wind ein man over board maneuver zu fahren, konnte ich mir nicht vorstellen. Aber spätestens nach dem zweiten Anlauf haben es alle geschafft Henry zu retten. So einfach in den Prinzipien, dass es nahezu klappen muss. Trotz des Übungssettings hatte ich gefühlt einen Puls jenseits der 180. Ob das beim SK!PA auch so war? Keine Chance das zu erkennen. "Ruhe ausstrahlen!" ist eines seiner Credos...
KRISE - WHAT THE HECK & MEIN ÄLTESTER
Ich weiß genau wie das geht: Startpunkt herausfinden, Windrichtung kennen, Kurs festlegen, Wendepunkt bestimmen, und so weiter, und so weiter... all clear!
Wieder die mittlerweile lieb gewonnene Bora, mit 15 - 20kn Böen bis 25, alles ausgezeichnet machbar - hervorragende Übungsbedingungen für eine feine Kreuz zu unserer Ankerbucht. Das seh´ ich genau so und melde meine Idee an, den Tag zu navigieren. Crew und Skipper sind einverstanden - los geht´s!
Nach 15 Minuten habe ich alles fertig und dem eingeteilten Rudergänger geb ich vom Navitisch aus die Anweisung für den ersten, zu fahrenden Kurs - 335°
Ablegen - auf meine Nachfrage höre ich wir fahren 250°... what the heck? Was soll das?
Es geht nicht anders, weil wir nicht gegen den Wind segeln können. Ja das weiß ich auch, deswegen 335°!
Ohne die gesamte erste Stunde des Segeltages wiederzugeben - das vollkommene Chaos in mir. Ich konnte die Position nicht mehr genau bestimmen, wenn ich es tat war sie falsch, Kurse gingen noch weniger - "Uuuaaaahh!"
Was folgte waren Selbstbeschimpfung, Beschimpfungen meiner Theorielehrer die mir das Falsche beigebracht haben, und überhaupt die Crew macht nicht was ich will, es fühlte sich einfach grauenhaft an. Skipper: "Heave to!" Beidrehen und beiliegen - auf deutsch.
Das Schiff liegt ruhig, und wir treiben gemütlich nach Lee.
Coach: "Erzähl´ wie war die Situation aus deiner Sicht?"
Zwei Fragen später, und nach den wertschätzend, geteilten Erfahrungen meiner Mitsegler war alles klar: Niemand hatte mir gesagt dass ich unter Deck bleiben sollte, um von dort aus zu navigieren, ich hatte das trotzdem so entschieden - vollkommen unbewusst. Ich hatte die Kartenwahrheit als einzige Wahrheit angenommen.
Dabei hatten wir am ersten Tag schon darüber gesprochen, mit den Peilungen, die Umgebungswahrheit mit der Kartenwahrheit abzugleichen. Das war vollkommen aus meinem Fokus verflogen. Wäre ich an Deck gewesen, hätte ich erkannt, dass der Wind in bei der Ausfahrt aus der Ankerbucht Drehungen vollzog, und das sich daraus der Kurs 250° ergab, und das auch nur zwischendurch. Der spannende Moment dazu: Die Crew hatte mir das mitgeteilt, und mir die Situationen genau beschrieben. Ich war so auf mich, und meine, nur von mir selbst wahrgenommenen Schwächen konzentriert, dass ich das nicht mitbekommen habe.
"Learning by accidents & incidents" ob da jetzt der Skipper, der Coach oder der Trainer sprach war mir egal, ich war dankbar für das Learning! Wir machten daraus einen neuen Event: "Blind navigation", hohe Kunst aus dem Yachtmaster Programm - eigentlich genau das, was ich vorher ohne es zu wissen gemacht hatte. Dieses Mal hat´s funktioniert - großartig, und frage nicht wie großartig der sundowner geschmeckt hat, in der Bucht die wir mit meiner blind navigation und der super Crew Kommunikation gefunden haben! Die Reflexion darüber brachte geniale Transporte in den Arbeitsalltag, und in die Vereinsarbeit im Fußballclub meines Ältesten. Sehr cool!
FILL & SPILL
An eine Boje heranzufahren und an ihr fest zu machen hatte ich bis jetzt nur mit einem Aufschießer kennen gelernt. Mit einem 12-Tonnen Boot bei ordentlich Wind, kann das schon mal zu einem abenteuerlichen Erlebnis werden. "Probier´s gerne aus!" Die Dame aus Mitteldeutschland wollte nicht so recht glauben, dass es mit einem Aufschiesser schwieriger ist, bei diesen Bedingungen. Es war Oktober, und wir waren die Einzigen in der Bucht - also: "Klar zum Aufschießen zu dieser Boje!" Nach drei Versuchen die beinahe geklappt haben, wieder raus aus der Bucht, heave to und erneute Besprechung. Was wir, die Crew deutlich erkannt haben, ist die Wichtigkeit des Faktors Kontrolle. Wenn das Schiff im Wind steht haben wir einige Sekunden lang keine Kontrolle mehr (ohne Maschine), wir konnten deutlich erleben wie es sich anfühlt abgetrieben zu werden. Es hat gefühlt eine Ewigkeit gebraucht, bis wir wieder Druck im Segel hatten, und somit die Kontrolle wieder erlangten. Das Ufer war uns derweil verdächtig nahe gekommen, oder war das umgekehrt...
Wieder rein in die Bucht und dieses Mal hat sich jeder den Erfolg geholt, mit der Umsetzung so wie es uns der SK!PA vorher gezeigt hat. Sicherheit und Kontrolle - dieser Fokus war eines meiner persönlichen big learnings in dieser Segelwoche. Manchmal ist es etwas nervend andauernd diese Idee / diesen Fokus im Blick zu haben. Ich meine, ich will hier Spaß haben und Freude am Segeln, nicht dauernd über "safety first" nachdenken.
YOU NEVER KNOW!
Alle Risikofaktoren werden wir niemals gänzlich ausschalten können, wir bewegen ein großes Schiff in der Natur. Es gibt aber ein großes Maß an Sicherheit, wenn wir möglichst viele und grundlegende Sicherheitsparameter in Betracht ziehen - 24/7! Sicherheit ist eine Basis für Segelfreude! Und das Nachdenken über Sicherheit wird mit der Zeit weniger, weil das mindset und damit der Fokus und die Handlungen immer mehr implementiert werden, in die umbewusste Kompetenz über gehen - meinte der Trainer, Coach und/oder SK!PA. Dabei kommen die Lernstufen nach Gregory Bates zu tragen - das war der Trainer, weil der ist für die Wissensvermittlung zuständig. Der Coach für die Begleitung im Prozess zu den Erfolgen, und der SK!PA ... der dient der Crew. Strange! Hab ich vorher so noch nie gesehen oder gehört - aber in dieser Woche erlebt. siehe auch: Die Crew folgt dem Skipper. Der Skipper dient der Crew.
"So ein Schiff kann zu einem Lernumfeld werden, dass es so kein zweites Mal gibt. Kein Tag ist wie der andere, kein Plan hat eine Umsetzungs-Garantie. Was gemeinsam erlebt und erreicht werden kann, ist trotz aller Routine stets aussergewöhnlich und herausragend. Dabei ist es zweitrangig wieviel Segelerfahrung man als Crewmitglied hat. Entscheidend ist, was man daraus macht, wie man miteinander umgeht und wie man die Bordkultur gestaltet. Was man sich hieraus, durch entsprechende Reflexion, in den Alltag mitnimmt, ist nachhaltig und kann als positver Trigger beflügeln, jeden Tag auf´s Neue." Meint der SK!PA. Meint der Trainer. Meint der Coach!
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