"Hau wech...!" das Kommando bei jedem Anziehen, um gemeinsam die Tonnenschwere Last zu bewegen. Was an Bord eines Dreimasters unabdingbar ist, nämlich die klare und unmissverständliche Kommunikation, wird auf kleineren Schiffen oftmals eher nachlässig behandelt. Manchmal fehlt sogar eine zielgerichtete, effiziente Crewkommunikation komplett.
Richtig verstanden und gehandelt
Skipper & Crew (vor allem Neulinge) gehen davon aus, dass es ausreichend ist, freundlich klarzustellen was man möchte. "Auf der rechten Seite bitte den ..." Ein Klassiker in der Reihe von Beispielen: Rudergänger sieht nach vorne und weißt ein Crewmember an, auf der rechten Seite einen Fender zu schnappen, und diesen als Sicherheits-backup zu verwenden. "Ja das mach ich gerne, ich bin Deine Unterstützung!" Crewmember sieht jedoch nach hinten in Richtung des Rudergängers, versteht genau das Richtige und geht auf die rechte Seite - aus dessen Sicht! Also nach Backbord - genau dorthin wo der Rudergänger das Crewmember nicht haben wollte. Das Ganze im Hafen bei einem Anlegemanöver - Hafenkino folgend!
First - Fehlende Klarheit
Ein gelungenes Hafenmanöver fängt vor der Einfahrt in die Marina an. Vorab werden die Aufgaben verteilt und besprochen - soweit ist das noch kein Problem, das machen viele Skipper. Warum geht´s dann trotzdem schief? Ein wichtiger Bestandteil, einer gelungenen Kommunikation an Bord, ist das Wiederholen dessen was verstanden worden ist:
Kennt jede Person an Bord die Position, die zu bewältigende Aufgabe, den richtigen Zeitpunkt, und das dazu passende Kommando?
Können die Crewmembers die Aufgabe den Ablauf und das Kommando (wortwörtlich) wiederholen?
Was ist mit dem Plan B? Wissen alle Bescheid darüber was passiert, wenn etwas ungeplantes passiert?
Diese Punkte sollten so lange besprochen werden, bis alle wirklich Bescheid wissen. Das klingt alles erst Mal nach Zeitaufwand, ist es auch - aber einer der sich lohnt (und in den allermeisten Fällen haben wir Sailors Zeit... :-) ). Das Ergebnis ist eine größere Sicherheit. Aus den Antworten bekommt der Skipper auch Informationen über die Effektivität seiner/ihrer eigenen Kommunikation.
Die Sicherheit, die ein Skipper in der Lage ist aus zu strahlen, hilft der Crew und die Sicherheit mit der die Crew handelt hilft dem Skipper. Geben und Nehmen ist in Balance und die Performance wird sich enorm steigern.
Second -fehlende Fachkenntnis
Rechts ist eben nur an Land rechts. Was manchmal als nervend wahrgenommen bzw. bewertet wird, ist in Situationen wo es darauf ankommt essentiell um entsprechende Leistungen zu bringen. Bordkommunikation - also die Seglersprache ist alt, ausgereift und eine über Jahrhunderte empirisch gewachsene Form der Sprache, die höchsteffizient in allen Lagen Wirkung erzielt. "Ich bin Kreuzworträtsel kompetent...!" meinte einmal eine Führungskraft. Luv, Lee Backbord, Steuerbord etc. Damit kam sie schon ein Stück weit. Jeder Skipper wird gut daran tun ein Mindestmaß an "Sprach"-Kompetenz in der Crew zu generieren.
Third - "Sabbel nich!"
Der damalige Steuermann der Alexander von Humboldt II (ein "mehrfach die Weltumsegler") wurde sehr oft mit diesen Worten zitiert. Mit "Sabbel nich!" hat er gemeint, dass viel zu viele Wörter benutzt werden um Dinge/Situation auszudrücken, die in sehr viel kürzeren Sätzen, präziser besprochen werden könnten: "Herbert - fliegender Fender Steuerbord." das wäre die korrekte Anweisung im Beispiel oben gewesen. Alles gesagt mit vier Wörtern: Wer, was, wann, wo und wie!
Was vorab geklärt worden wäre:
Das Manöver an sich,
die Bedeutung und der Sinn eines fliegenden Fenders,
die Tätigkeit die man mit einem fliegenden Fender ausführt,
Zeitpunkt - wenn es keine andere Formulierung gibt, dann sofort.
Wie daham ! oder ?
Was neue Sailor oftmals anmerken: "Wieso soll ich den so unfreundlich sein?" Bitte / Danke und dergl. kommt in der Seglersprache nicht vor. Auch der Ton ist nicht immer das gelbe vom Ei. Erst dann, wenn sie bei 25kn und mehr Wind, auf eine Distanz von 1m die Kollegen anschreien müssen, um korrekt gehört zu werden, verstehen ALLE wie effizient diese Art der Kommunikation ist. Üben muss man diese allerdings bei wenig wind - immer und immer wieder. "So zu sprechen würde mir zu Hause niemals in den Sinn kommen." Gut so. Wir sind ja auch nicht zu Hause, und das Wohnzimmer ist kein Segelboot. Speziell Frauen haben mit der Crewkommunikation so ihre Probleme. So zu sprechen geziemt sich nicht, und es gibt immer noch männliche Crewmembers, die das von einer Frau so gar nicht annehmen wollen/können. Da hilft ganz klar festzustellen, dass es sich um die Kommunikation einer FUNKTION handelt, und nicht die der Person. Ob nun eine Lady oder ein Gentleman am Ruder stehend das Sagen hat, ist vollkommen unerheblich. Die Funktion die verantwortlich ist, muss dafür sorge tragen, dass Alle ausreichend informiert sind, verstehen um was es geht, und dies so effektiv wie möglich umsetzen. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle.
Wenn dies alles gelingt, kann jedes Manöver zu einer Quelle großer Freude werden. Der verantwortlichen Person wird durch eine passende Kommunikation ermöglicht, mit größerer Übersicht bei herausfordernden, äußeren Umständen ein Manöver mit Erfolg abzuschließen. Und rate mal wie gut der anschließende Manöverschluck im Kreise einer motivierten Crew schmecken kann...
Es gibt viel Schönes beim Segeln, diese Erlebnisse gehören zu den absoluten Highlights. Wie hier auf der Alex II im Atlantik, bei Sonnenuntergang, während einer Halse...
Transport in den (Führungs-)Alltag
"Wenn ich so in der Firma kommunizieren würde, wäre ich alleine im office." "Ah Du meinst, dass effizientes und effektives Kommunizieren keinen Stellenwert hat?"
....
Gemeint war natürlich die fehlende Komponente - Freundlichkeit in der Kommunikation an Bord.
Was in diesem Fall darauf folgte, war eine ehrliche Reflexion der Business units:
An Höflichkeit mangelt es nicht, eher im Gegenteil.
Wissen alle genau was, wann, wie zu tun ist.... guess what: ein klares NEIN!
Kennen alle Beteiligten den Sinn der Aktion, deren Platz darin und die anstehenden Aufgaben - TEILWEISE.
Werden Erfolge - Große und/oder Kleine - angemessen gefeiert - NEVER!
Ist überhaupt klar wer führt, und wie die Funktionen in der Struktur aufgeteilt sind.... EINE BAUSTELLE!
Was in diesem Fall in einer Woche zwischen den kroatischen Inseln sichtbar und erlebbar wurde, ist kein Einzelfall und verlangt den beteiligten Führungskräften oft Einiges ab. Aus 2 Jahrzehnten Leadership Coaching gibt es viele Beobachtungen und Erkenntnisse. Eine davon ist die, dass die ganz große Mehrheit sich selbst als weiterentwickelt, effektiver und effizienter wahrnimmt, als dies in den Firmenkontexten der Fall ist. Führung und Kommunikation auf einer 50ft Jacht (neu) zu erleben und mit zu gestalten, ist ein Erlebnis, dass nicht ohne Wirkung bleibt.
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